Keuscher Joseph

Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen

Keuscher Joseph


Übertragen aus dem Deutschen des 17. Jahrhunderts und mit einem Nachwort versehen von Reinhard Kaiser
156 S., farbig bedruckter Vorsatz, Fadenheftung, Farbschnitt, Reihe Kometen Band 8
Die Andere Bibliothek, September 2014
Klappenbroschur 18,00 EUR


Die alttestamentarische Josephserzählung (Genesis, 1. Mose 37-50), in sich voller bewe-gender Weissagungen, Traumdeutungen und Geschichten, hat durch die Jahrhunderte literarische Phantasien gereizt, deren aus-führlichste sich in Thomas Manns vierbändigem Josephsroman niederschlägt.

Goethes in jungen Jahren glücklos verfolgte Absicht, 'diese natürliche Erzählung' 'in's Einzelne auszumahlen' (Dichtung und Wahrheit, Viertes Buch) bestärkt wiederum Mann dauerhaft in der Wahl des Sujets. Verwandtschaftliches begrüßt er 1951 acht Jahre nach Abschluss der Tetralogie bei Grimmelshausen und erfährt auch hier nur vom Plan; Grimmelshausens ausge-führte Erzählung nimmt er für eine Fiktion: In seinem Exemplar des Simplicissimus, den er mit Blick auf Felix Krull und die Tradition des Schelmenromans wiederliest, markiert er die Szene mit einem Ausrufezeichen, in welcher der Simplicius den Pfarrer von Lippstadt über der Lektüre seiner Josephserzählung antrifft, sich als der Verfasser zu erkennen gibt und gerügt wird, er habe sich allzu lange bei Potiphars Weib und deren Liebesangelegenheiten aufgehalten (3. Buch, 19. Kapitel). Dass Grimmelshausen hier mit seinem tatsächlich vorliegenden Keuschen Joseph kokettiert, ist Thomas Mann offenbar nicht zur Kenntnis gelangt.

Grimmelshausen versteht die Geschichten um Joseph, erst recht die angesichts solcher Verführungkünste dem Leser kaum noch begreifliche Verteidigung seiner Keuschheit, als ein Beispiel für die 'unveränderliche Vorsehung' von göttlichem Handeln. Er macht daraus ein lebendig-dramatisches Lehrstück von barocker Unmittelbarkeit, ganz 'simpliciter' in seinem Stil erzählt.