Fluß ohne Ufer

Hans Henny Jahnn

Fluß ohne Ufer


Roman in drei Teilen
2112 S., 20,5 cm
Hoffmann & Campe 2014
3 Bände Hc. im Schuber 130,00 EUR


Jahnn (geb. 1894 in Hamburg) emigrierte 1934 nach Bornholm und arbeitete dort bis 1946 an der epochalen Trilogie um die Obsessionen und Existenzkrisen des modernen Menschen. Jetzt ist sie endlich wieder in schöner Ausstattung lieferbar!

"Wie wenn es aus dem Nebel gekommen wäre, so wurde das schöne Schiff plötzlich sichtbar." - Das ist das erste Bild der Romantrilogie "Fluss ohne Ufer". Das 'dreimastige Vollschiff' führt eine geheime, mutmaßlich todbringende Fracht mit sich und einen blinden Passagier, den deutschen Tonsetzer Gustav Anias Horn (ein Vergleich mit Th. Manns Adrian Leverkühn im Doktor Faustus, 1947, liegt nahe). Seine Verlobte, die Tochter des Kapitäns,überlebt die Fahrt nicht. Das Schiff sinkt. Doch für Horn ist die Reise noch lange nicht beendet, sie trägt ihn quer über Kontinente und hinab in menschliche Abgründe.

Der romanhaften Kulisse zum Trotz ist die Handlung nicht wesentlicher Bestandteil des Werks. Das Geschehen ist in das widersprüchliche Innenleben der Personen verlagert. 'Sie gelangen ans Ziel, weil sie der Schauplatz von Ereignissen sind, musikalisch ausgedrückt, von Themen, Strophen, Motiven, Anklängen, Rhythmen' (Jahnn 1946). Vor allem im 2. Teil des Romans werden über weite Strecken musikalische Formen nachgebildet. Der zwanghafte Ablauf der Geschehnisse, das Prinzip der Wiederholung schafft eine mythische Welt. Das Menschheitsepos von Gilgamesch
und Engidu, das Gustav Horn zu vertonen sich müht, dient als Grundmuster der gleichgeschlechtlichen Bindung. 'Ich gehe im 'Fluß' bis an die Grenze der mir erreichbaren Wahrheit, und ich habe die Unerschrockenheit, die die völlige Einsamkeit gibt, eingesetzt', schreibt Jahnn. Die sinnlich-anschauliche Offenheit seiner Darstellung, die ihn vor keinem tabuierten Bereich menschlichen Lebens zurückschrecken ließ, hat ihm oft verständnislose Kritik eingebracht. Thomas Mann sagt dazu: 'Mag Jahnn Anstoß erregen bei anderen, nicht bei mir, dem das künstlerisch Kühne immer ein Hauptspaß ist.'


'Das Holzschiff' erschien 1949, 'Die Niederschrift des Gustav Anias Horn, nachdem er neunundvierzig Jahre alt geworden war' in zwei Teilbänden 1949 und 1950. Der 'Epilog' wurde 1961 in fragmentarischer Form von Adolf Muschg aus dem Nachlass herausgegeben; Jahnn, nach Hamburg zurückgekehrt (das Witthüs im Hirschpark war sein Zuhause), engagierte sich gegen das atomare Wettrüsten und stand finanziell unter Druck; den dritten Teil hat er bis zu seinem Tod 1959 nicht vollenden können.